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Die rastlose Rebellin

Charlotte Perriand wurde am 24. Oktober 1903 in Paris geborgen – 96 Jahre und 3 Tage später starb sie auch dort. Würde man heute den weltberühmten Le Corbusier nach einer Charakterisierung fragen, könnte es durchaus sein, dass man ein „aufmüpfige Querulantin“ (o. Ä.) als Antwort bekäme. Denn Charlotte Perriand rasselte immer mal wieder mit Le Corbusier aneinander. Obwohl (oder gerade weil) sie gemeinsam an der berühmten LC Kollektion arbeiteten, sie 1927 auf dem Salon d’Automne mit ihrer „Bar sous le toit“  aus vernickeltem Kupfer und eloxiertem Aluminium von allen Kritikern gelobt wurde, und sie die Geliebte von Le Corbusiers Partners Pierre Jeanneret war.

Allerdings war die Beziehung von Anfang an auf wackligen Füßen gebaut. Angeblich soll der Meister bei ihrer ersten Begegnung sogar gesagt haben: „Wir sticken hier keine Kissen.“ Für Le Corbusier war Charlotte Perriand mit ihren damals gerade mal 24 Jahren in erster Linie unreif, unerfahren und – viel schlimmer – eine Frau. Nachdem sie aber mit besagter „Bar sous le toit“ zeigte, dass sie mit Metallen umzugehen wusste, holte er sie – zunächst begeistert – in sein Team.

Charlotte Perriand stellte sich der Herausforderung, es kam allerdings immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten und Perriand machte deutlich, dass sie nicht zu der „Ich schlucke meinen Ärger herunter und halte meinen Mund“-Fraktion gehörte. Gute 10 Jahre nach ihrem Studium der Innenarchitektur an der École de l’Union des Arts Décoratifs in Paris, in denen Sie mit Le Corbusier und Pierre Jeanneret gearbeitet hatte, kam es zum offenen Bruch.

Die junge Architektin und Designerin konzentrierte sich fortan mehr auf Holzmöbel, lebte mehrere Jahre in Japan und kehrte schließlich Mitte der 1940er Jahre zurück, um kurzzeitig wieder mit Le Corbusier zusammenzuarbeiten, bevor sie sich wieder nach Japan davon machte. In Folge ihrer Asien-Aufenthalte veränderten sich auch ihre Möbel – so verwendete sie beispielsweise ab den 1940er Jahren häufig Bambus als Werkstoff.

Ab den 1970er Jahren verlegte Perriand ihren Schwerpunkt; sie widmete sich der Fotografie, war maßgeblich an der Entwicklung des Wintersportortes Les Arcs in Savoyen beteiligt und entwarf ein Teehaus für die Unesco in Paris. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1999 blieb sie ein kreativer Kopf, für den der gemütliche Ruhestand nur wenig attraktiv erschien.

Viele ihrer Möbel gelten eure als hochwertige Sammlerstücke und erzielen Rekordpreise in Versteigerungen. So wechselte beispielsweise im Jahr 2017 ein halbbogenförmiger Arbeitstisch für satte 703.400 Euro den Besitzer. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass viele Entwürfe Perriands nur in Kleinserien oder als Einzelstücke hergestellt wurden. Lediglich eine Handvoll Serienmöbel kann man heute über den Hersteller Cassina erwerben, der die Entwürfe in enger Zusammenarbeit mit Charlotte Perriand selbst neu auflegte und bis heute produziert.

Und auch, wenn an den berühmten LC Möbeln nun einmal für immer „LC“ und nie „CP“ stehen wird, so sind sich die Experten jedoch einig: Charlotte Perriands Einfluss auf die berühmte Kollektion war um einiges größer, als es Le Corbusier selbst je zugegeben hätte.